Donnerstag, 19. Februar 2009

Kuschelkurs und Schrumpfkurs

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„Soll ich mit dem Fahrrad oder einem Goggomobil fahren?“ war jüngst die empörte Reaktion des Voest-Angestelltenbetriebsrates Fritz Sulzbacher, auf das Ansinnen eines OÖN-Journalisten, der es gewagt hatte, den Personalvertreter und SPÖ Landesrat nach dem Nutzen seines neuen Dienstwagens, eines rund 70.000 Euro teuren Geländewagen Audi Q7, zu fragen. Die Szene ereignete sich zu einem Zeitpunkt, wo schon klar war, dass der Voestalpine-Konzern gut zehn Prozent seiner 42.000 Beschäftigten auf Monate hinaus auf Kurzarbeit schicken und an die 4000 Leiharbeiter auf die Straße setzen wird müssen.
Die Instinktlosigkeit des Belegschaftsvertreters fügt sich hier nahtlos ein in die Arroganz der US-Automobilproduzenten , die zu ihrem Kniefall um Geld partout in ihren Firmenjets angeflogen kamen oder an die Frechheit der Bankmanager, die nach ihren Milliardenflops cool noch dafür Prämien kassierten. Wie sagte jüngst der Boss der Deutschen Bank, Jürgen Ackermann, nachdem er seinem Institut zu einem Rekordverlust von 3,9 Milliarden Euro verholfen hatte: „Da sehen Sie, wie spannend Banking sein kann.“
Spannend wird es auch noch 2009 für die österreichische Wirtschaft, denn ein Abkoppeln im globalen Markt gibt es nicht mehr, alle Länder sind mehr oder weniger von der Krise betroffen. Allerdings fällt auf, das im Gegensatz zu den vorhergehenden Regierungen, die für nichts Geld auslassen wollten, das Füllhorn des Staates nun augenscheinlich unendlich voll ist. Bankenpakete, Konjunkturankurbelungspakete, vorgezogene Infrastrukturinvestitionen – der Kuschelkurs der Koalition nimmt keine Rücksicht auf den Schrumpfkurs der Wirtschaft.
Der sich schon deutlich in den Arbeitslosenzahlen niederschlägt: Im Jänner gab es 301.000 Arbeitslose, 12,2 Prozent mehr als im Vorjahr. Dazu kommen 53.500 in Schulung befindliche Menschen, die aus Statistikgründen nicht zu den Arbeitslosen gezählt werden und per Stichtag im Jänner noch 22.400 Kurzarbeiter. Wobei Sozialminister Rudolf Hundstorfer mit einem Ansteigen auf 40.000 rechnet , es ihm aber „auch recht sein kann, wenn es 50.000 werden.“
Denn, so die herkömmliche Rechnung, drei Kurzarbeiter kosten soviel wie ein Arbeitsloser. Und für diese soll es – so von der Gewerkschaft jüngst gefordert – in Zukunft auch ein erhöhtes Arbeitslosengeld geben. Eines haben uns jedoch bisher weder Gewerkschafter noch Politiker aus gutem Grund verraten: Wer all diese Rettungsaktionen, Ankurbelungspakete und Arbeitsbeschaffungsprogramme in der nächsten Zukunft bezahlen wird. Heißer Tipp: Sie und ich.

Montag, 16. Februar 2009

Krise und Journalismus




Erschienen in

Stell Dir vor es ist Krise und keiner will darüber lesen!
Immer wieder treffe ich Leute, die meinen, die so genannte globale Finanzkrise sei eigentlich gar nicht so global und die Krise wenig krisenhaft. Das alles sei nur von den krankhaft schwarzmalenden Journalisten hochgespielt und von den skandalwütigen Medien herbeigeschrieben. Appell: "Schreiben Sie doch über die Wirtschaft mal was Positives"
Gute Idee, aber was?
Wir Journalisten haben ja gemeinhin mehr Informationsquellen als der gemeine Angestellte, der in der U-Bahn sein "Heute" liest, sich untertags seinem Job widmet und am Abend die ZiB guckt.
Im a3 Wirtschaftsverlag haben wir sämtliche Tageszeitungen und eine Menge Publikumsmagazine aufliegen. Jede Fachredaktion bezieht die entsprechenden Fachblätter, dazu kommen die mit der Post eintrudelnden Presseaussenden und am Server finden sich im Schnitt 200 Mails pro Tag. Internet an jedem Arbeitsplatz ist logisch, aber dazu leisten wir uns noch einen APA-Anschluss, der uns in jeder Minute des Tages über die Vorgänge in der Welt auf dem Laufenden hält.
Und über dieses internationale Netzwerk trudeln pro Tag etwa 250 Meldungen ein und im letzten Monat waren schätzungsweise in jeder zehnten von Arbeitslosigkeit, Sparprogramm, Insolvenz, Milliardenhilfe, Personalabbau, Rettungsschirm und "brauchen noch mehr Geld" die Rede. Natürlich sind die Urheber dieser Meldungen auch Journalisten, die allerdings keinem Revolverjournalismus frönen, sondern deren Agenturarbeit zu allerhöchster Sorgfalt und Quellenüberprüfung verpflichtet.
Das heißt, der Wahrheitsgehalt der Meldung ist zu 100 Prozent gegeben, deshalb werden sie weltweit in den Tageszeitungen übernommen, in die Artikel der Wochenmagazine eingewoben und selbst als "historische" Fakten in Monatszeitschriften verbraten.
So ging am 26. Jänner dieses Jahres die APA/dpa Meldung durch die internationalen Medien: "Der weltgrößte Baumaschinen-Hersteller Caterpillar streicht angesichts eines erwarteten Geschäftseinbruchs 20.000 Arbeitsplätze. Das ist in etwa jede fünfte Stelle."
Wenn keiner darüber geschrieben hätte, wäre es dann nicht passiert?