Donnerstag, 21. Mai 2009

Vom Schrott zur Info

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Urlaubszeiten, Weihnachtsferien, Fenstertage - wir brauchen heute dazu keinen Kalender mehr, denn derartige arbeitsfreie Tage lassen sich locker am Einlauf der E-Mails ablesen. Wie eine Fieberkurve bewegt sich die Zahl der ankommenden Nachrichten, an "heißen Tagen" gut an die 200 Meldungen, an den schwachen sackt es schon unter 50 Stück.
Da hat aber bereits der Spam-Filter sämtlichen Schrott separiert, denn die über den Globus verteilten Spam-Produzenten (in Form von Maschinen) kennen weder Nachtruhe noch Feiertage. Und wer nach einem vierzehntägigen Urlaub in sein "Postfach" schaut, weiß, dass er seinen ersten Arbeitstag mit dem Aufarbeiten der elektronische Post zu verbringen hat.
Kein Wunder, dass viele Journalisten über die Informationsflut, die über sie hereinbricht, klagen und laut einer deutschen Untersuchung hat schon jeder vierte Redakteur das Gefühl, das Nachrichtenaufkommen habe sich verdoppelt. Wobei, wie an dieser Stelle schon festgestellt wurde, diese wunderbare Erfindung Segen und Fluch sein kann. Denn die Vorteile der sekundenschnellen, weltweiten Übermittlung von Informationen jeglicher Art haben insbesondere in der Medienbranche zu einer Revolution und Verbilligung geführt, die man sich in den Sechziger Jahren nicht vorstellen konnte.
Aber der unkomplizierte, für jedermann verfügbare Vorgang, eine Meldung an jedermann zu versenden, hat zu Belastungen geführt, die "räuberisch" mit der Zeit der Empfänger umgehen. Das beginnt damit, dass manche Aussender ihre Mitteilung so weit und breit wie möglich streuen, ungeachtet der Branche - unter dem Motto "Irgendeiner wird's schon drucken." Indiz ist meistens dafür die Adressenleiste mit den nicht "verborgenen Empfängern", die gut 200 E-Mailadressen beinhaltet und den ganzen Bildschirm ausfüllt.
Aber auch jene Meldungen, die "durchkommen" und im Ordner "Aktuelles Heft" landen, entsprechen nicht immer den landläufigen Kriterien des journalistischen Schreibens.
Nadja Merl-Stephan, die Inhaberin der deutschen PR-Agentur redshoedogs, deren tägliches Brot darin besteht, Leuten das Texten von Pressemeldungen nahe zu bringen, hat die häufigsten Fehler in Aussendungen aufgelistet. Darunter finden sich: Kein Nachrichtenwert, Text zu "werberisch", kein Bezug zur Leserschaft, zu kompliziert geschrieben und zu lange Sätze, ungenaue Headline oder irrelevante Thematik.
Fazit der Fachfrau: "Es dauert nicht mal eine Sekunde, den Lösch-Knopf zu drücken."
Ich drücke jedenfalls jetzt auf den Knopf zum Speichern und riskiere dann einen Blick in die Mailbox.






Die Qualen der Wahl

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Der Geschäftsführer des Fachverbandes Stein- und Keramik, Carl Hennrich, war am 14. Mai Vormittag ganz schön sauer: "Wenn man Politiker nicht mit der Sänfte bringt, kommen sie scheinbar nicht", war der Kommentar des sich ansonsten vornehm zurückhaltenden Wirtschaftskammer-Mannes.
Grund für den Unmut von Hennrich war die Abwesenheit zweier Herren, die er im Namen von Lafarge Perlmooser, Wopfinger, Forum Rohstoffe, Wirtschaftskammer und Organisatoren des European Mineral Day an diesem Tag zu einem "Europagespräch" in das Zementwerk nach Mannersdorf eingeladen hatte. Thema: "Mineralische Rohstoffe - kann der Industriestandort Österreich darauf verzichten?" An der Frage waren lokale Politiker, Geschäftspartner und Journalisten interessiert, wer jedoch fehlte, waren die beiden Hauptfiguren des Gesprächs, die EU-Abgeordneten Johannes Swoboda und Othmar Karas. Karas hatte schon vorher abgesagt, Swoboda gar nicht.
Symptomatisch für die Ignoranz mancher Politiker oder nur eine Verkettung widriger Umstände?
Angesichts des Eifers vieler kleiner Mitarbeiter und Funktionäre, die sich bemühen den Österreichern die Wichtigkeit der Wahlen zum Europäischen Parlament am 7. Juni transparent zu machen, jedenfalls recht fahrlässig. Denn in Wirklichkeit hält sich das Interesse an diesen Wahlen wahrhaft in Grenzen, Experten fürchten schon, dass die Wahlbeteiligung des Jahres 2004 von 42,4 Prozent diesmal nicht erreicht werden kann und man sich schon mit über 30 Prozent begnügen müsse. Tatsächlich waren auch die Informationen darüber, warum wir jetzt 17 von 785 Mitgliedern des europäischen Parlaments wählen sollten, von offizieller Seite äußerst spärlich. Wenn wir nicht die Kronen-Zeitung hätten, die ihre Leser seit Wochen darauf hinweist, welche Unzahl an Übel aus Brüssel auf die Österreicher herein bricht und dem selbsternannten EU-Robin Hood Hans Peter Martin jede Menge Raum gibt, für seine Kandidatur und sein Buch Reklame zu machen. Oder die FPÖ, die für den "Tag der Abrechnung" wahre Plakatständer-Alleen in Wien installiert hat, wo die Autofahrer eindringlich darauf aufmerksam gemacht werden, dass nur ein "Abendland in Christenhand" garantiert sei, wenn Kandidat Mölzer im EU-Parlament sitzt.
Und wenn sich nicht der Ex-Innenminister Ernst Strasser mit dem altgedienten EU-Parlamentarier Othma Karas um den Sessel in Strassburg matchen würde, wäre die Wahl bisher sicher in einem Einspalter abgehandelt worden. Oder haben Sie schon einmal von Herbert Bösch, Reinhard Rack oder Paul Rübig (bisher EU-Abgeordnete) gehört?
Egal - ich gehe am 7. Juni jedenfalls hin und wähle jemanden, denn ich kenne.