Haben Sie als einer von 106.000 bei der EU-Wahl Othmar Karas Ihre Vorzugsstimme gegeben?
Vielen Dank auch, ist aber eigentlich wurscht, denn gemacht wird, was der "Wahlsieger" Josef Pröll sagt. Und der hat schon festgelegt, dass der aus dem Hut gezauberte Spitzenkandidat, Ex-Innenminister und Umfärber Ernst Strasser zum Delegationsleiter gewählt wird und auch die anderen ÖVP-Abgeordneten schon darauf eingeschworen sind. Karas meinte dazu unter anderem, dass es ihm nicht um Posten gehe, sondern um "den Umgang mit Stimmen."
Und wie die Partein wiederum mit den Stimmen umgegangen sind oder umgehen werden, lässt für die Zukunft nichts Gutes ahnen und die "Politikerverdrossenheit" weiter ansteigen. Wobei es immer noch Stimmen gibt, die meinen, dass es sich bei der Desavouierung von Karas um einen genialen Trick der Wahlstrategen gehandelt habe, um zu den schwarzen Stimmen für Strasser noch jene von Karas-Sympathisanten einzustreifen. Was Meinungsforscher Peter Ulram insofern bestätigt, da Karas Wähler mobilisiert hatte, die sonst bei der SPÖ oder den Grünen gelandet wären. Wie auch immer: Diese haben allerdings nur einmal in ihrem Leben die ÖVP gewählt.
Ein Gedanke, der vermutlich auch vielen SPÖ-Wählern durch den Kopf gehen wird, denn die Reaktion von Kanzler Werner Faymann auf das schlechteste Abschneiden bei einer bundesweiten Wahl seit 1945 hat nicht nur innerhalb der Partei zu massiver Kritik geführt. Wobei die Vorwürfe von der "Nicht-Linie" der SPÖ in Sachen EU über das Nicht-Erscheinen des Kanzlers am Wahlabend bis hin zu den gepfefferten Ansagen des steirischen Landeshauptmanns Franz Voves reichten. Effekt: Faymann weiß, alles richtig gemacht zu haben.
Da liegt er ausnahmsweise mit Heinz Christian Strache auf einer Linie, denn dieser konnte -trotz (oder gerade wegen ?) seines aggressiven Wahlkampfes - Stimmen dazu gewinnen, wenn auch die selbstgelegt Latte nicht erreicht wurde. Aber ihm - und auch anderen - ging es ja nicht um Europa, sondern viele Parteiverantwortliche sahen diese Wahl als Testlauf für künftige Wahlen in Österreich: Immerhin wird noch heuer in Vorarlberg gewählt, im nächsten Jahr dann in Wien, Oberösterreich, der Steiermark und dem Burgenland.
Deren Spitzenkandidaten sollten allerdings versuchen, den Medienzar Hans Dichand auf ihre Seite zu bringen. Denn eines hat diese Europa-Wahl und der Platz drei der Ein-Mannpartei Hans Peter Martin auf jeden Fall bewiesen: Mit der Kronen Zeitung im Rücken ist in diesem Land fast alles möglich.